Projektansatz und Monitoringkonzept

Das Projekt startete im Dezember 2019 und endet im November 2022. In diesen drei Jahren wird sich das Projektkonsortium unter der Federführung des Fraunhofer ISE den nachfolgend näher beschriebenen Forschungsthemen rund um die derzeit bestehenden Hemmnisse des Einsatzes von Wärmepumpen im Bestandsgebäudebereich widmen. Hierfür wird angestrebt, die Feldmessung von 50 Anlagen aus dem Projekt „WPsmart im Bestand“ fortzusetzen und um 50 zusätzliche Systeme zu erweitern. In Summe sollen somit im aktuellen Projekt 100 Wärmepumpenanlagen im Feld messtechnisch untersucht werden. Bezüglich der Eigenschaften sollen die „neuen“ Anlagen 10 Objekte der Kategorie bivalente (Wärmepumpe und Kessel) Wärmepumpen sowie 15 Systeme mit einer Wärmepumpe in Kombination mit einer PV-Anlage und ggf. eines Elektrospeichers umfassen. Die übrigen 25 „neuen“ Anlagen sollen monoenergetisch oder monovalent betriebene Außenluft- oder Erdreich-Wärmepumpen sein, die in ihren Eigenschaften den üblichen marktverfügbaren Systemen entsprechen. Zusätzlich sollen an 10 Außenluft-Wärmepumpen Schallmessungen vorgenommen werden. Die messtechnische Untersuchung der „neuen“ Anlagen soll kontinuierlich über das Jahr 2020 starten. Bezüglich der aus dem Projekt „WPsmart im Bestand“ verlängerten Anlagen kann die Messung und die Messdatenauswertung ohne Unterbrechung fortgeführt werden.

Das Fraunhofer ISE ist für die Auswahl der Untersuchungsobjekte verantwortlich, die von den Projektpartnern vorgeschlagen werden. Hierfür wird die Einhaltung der vorab definierten Kriterien (bspw. die Marktverfügbarkeit oder das Baujahr des Gebäudes) überprüft. Die Auswahlkriterien orientieren sich an den grundlegenden Projektzielen, sollen aber auch eine Vergleichbarkeit der Systeme zulassen. Daher wird bspw. davon abgesehen, neben der Außenluft und dem Erdreich (vorzugsweise über Erdwärmesonden) weitere Wärmequellen(anlagen) zuzulassen.

Das vorgesehene Messkonzept ermöglicht die Ermittlung der Effizienz sowie die Abbildung des Betriebsverhaltens der Wärmepumpenanlagen. Hierfür werden alle notwendigen Energieströme minutengenau aufgezeichnet. Das Ziel ist einerseits über die Wärmepumpenanlage (ähnlich der DIN EN 14511) und andererseits über die Wärmepumpenheizungsanlage (inkl. etwaiger Speicher) zu bilanzieren. Die notwendigen Messpunkte definiert das Fraunhofer ISE auf Basis von Hydraulik- und Stromlaufplänen.

Auf Seiten der elektrischen Verbraucher werden neben Verdichter, Steuerung und Heizstab die Antriebe in der Wärmquelle (Solepumpe oder Ventilator) sowie die Umwälzpumpen in der Wärmenutzungsanlage (vor und nach etwaigen Speichern) erfasst. In den Hydraulikkreisen der Wärmequelle und der Wärmenutzungsanlage werden die Energien, Leistungen, Volumenströme und Temperaturen aufgezeichnet. Auf erweiterte Messkonzepte werden nachfolgend pro Forschungsfokus näher eingegangen.

Die täglich per Funk an das Fraunhofer ISE übermittelten Daten werden mittels individuell anzupassender Skripte automatisch geprüft und ausgewertet. Die Datenprüfung umfasst Checks der einzelnen Sensoren sowie der Korrelationen diverser Messgrößen. Zur zusätzlichen Qualitätssicherung erfolgt monatlich eine manuelle Kontrolle der Messdaten.


Fokus 1: Analyse der Effizienz und des Betriebsverhaltens von Wärmepumpen im Einfamilienhaus-Bestand

Auf Basis der ermittelten Messdaten sollen einzeln sowie im Quervergleich Effizienzanalysen für verschiedene Bilanzgrenzen (bspw. Wärmepumpe oder Wärmepumpe und Wärmequellenanlage) unter Berücksichtigung folgender Aspekte durchgeführt werden:

• grundlegende Eigenschaften wie bspw. Norm-Leistungszahl, Wärmequelle, Speichereinbindung, Wärmeübergabesysteme

• Systemtemperaturen und Spreizungen

• Anschalthäufigkeiten und Betriebszeiten

• Energetische Qualität der Gebäudehülle

• Bewertung der elektrischen Verbraucher inkl. Elektroheizstab

Aufbauend auf die Effizienzanalyse werden ökologische Betrachtungen angestellt. Hierfür kann neben den auf Jahresbilanz ermittelten Stromkennwerten und Jahresarbeitszahlen auch auf die jeweils dynamischen Kennwerte zurückgegriffen werden. Diese sollen vergleichend analysiert und ggf. Notwendigkeiten bzgl. einer zweckmäßigeren ökologischen Bewertung abgeleitet werden.

Ferner ist der Vergleich im Feld gemessener mit nach gängigen Richtlinien (VDI 4650, EN 14825 u.a.) berechneter Effizienzwerte vorgesehen.


Fokus 2: Untersuchung der Dimensionierungs- und Regelungsansätze bivalenter Systeme als Versorgungslösung im Bestandsgebäudebereich

In bestehenden Gebäuden sind i.d.R., abhängig vom Sanierungszustand, höhere Temperaturen zur Wärmeversorgung notwendig. Aufgrund der temperaturabhängigen Effizienz der Wärmepumpe kann aus ökonomischen sowie ökologischen Gesichtspunkten die Nutzung eines bivalenten Wärmepumpensystems (Wärmepumpe und Heizkessel) sinnvoll sein. Aktuell (März 2020) würde eine ökologische Betriebsweise den Deckungsanteil der Wärmepumpe erhöhen, während eine ökonomische Betriebsweise zu einer Verringerung des Deckungsanteiles der Wärmepumpe führen würde. Einige marktverfügbare Systeme erlauben die Wahl des Optimierungszieles durch den Nutzer.

Im Rahmen des Feldtests sollen die Dimensionierungs- und Regelungsansätze bivalenter Systeme näher untersucht werden, wofür die Messung 10 solcher Anlagen aus „WPsmart im Bestand“ verlängert und um 10 „neue“ Anlagen erweitert werden soll. Das eingangs beschriebene Messkonzept wird um die Messung des Gas- oder Ölverbrauches erweitert. Als Bewertungsgröße der Systemperformance werden die CO2-Emissionen und die Betriebskosten der Anlagen herangezogen. Die erzielte (Jahres-)Performance der Anlagen wird vor dem Hintergrund der jeweiligen Zielstellung des Anlagenkonzeptes eingeordnet und die Ergebnisse zudem in den Kontext von Hydraulikkonzept, Anlagenauslegung, Gerätecharakteristik und Regelungskonzept gestellt.


Fokus 3: Untersuchung der Dimensionierungs- und Regelungsansätze von Photovoltaik/Wärmepumpen-Kombinationen bzgl. Eigenverbrauch und Netzeinfluss

Angereizt durch die aktuellen Vergütungsmodelle für eigengenutzten Strom und einen allgemeinen Trend zu höheren Autarkiegraden werden verstärkt Wärmepumpensysteme in Kombination mit PV-Anlagen und Batterien geplant, installiert und betrieben. Ziel des Vorhabens ist es, neben Analysen zur energetischen Performance, Hinweise zur Dimensionierung und Regelung von PV/WP-Kombinationen im Hinblick auf Eigenstromnutzung und Wechselwirkung mit dem Stromnetz abzuleiten.

Hierfür sollen 15 solcher Systeme messtechnisch untersucht werden, wofür das eingangs beschriebene Messkonzept um Elektrozähler rund um das PV-Batteriesystem erweitert wird. Die Analyse der Feldmessdaten der WP/PV-Kombinationen bezieht sich auf den Netzbezug, die Einspeisung, den Eigenverbrauch (Lastgang und Lastspitzen), die Effizienz der Einzelkomponenten (Wärmepumpe sowie elektrischer bzw. thermischer Speicher) und des Gesamtsystems unter Berücksichtigung der Betriebsbedingungen, Komponentendimensionierung und der angesetzten Regelung.

Um die Betriebsstrategien (optimaler Wärmepumpenbetrieb vs. Maximierung des Eigenverbrauchs) von PV/WP-Systemen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Niederspannungsverteilnetz bewerten zu können, werden probabilistische Lastflusssimulationen durchgeführt.


Fokus 4: Ermittlung und Bewertung der realen Schallbelastung durch Außenluft-Wärmepumpen im Feld

Seit etwa 2010 besteht ein deutlicher Trend zu Wärmepumpen mit der Wärmequelle Außenluft. Außenluft-Wärmepumpen unterliegen den Auflagen nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Diese sieht innerhalb von allgemeinen Wohngebieten Immissionsrichtwerte außen vor dem Fenster von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) vor.

Schallleistungen, die in Datenblättern angegeben sind, werden gemäß EN12102 bei den Normnennbedingungen nach EN14511-2 (7°C Lufttemperatur) gemessen. Somit fließt in diese Schallmessung lediglich ein Betriebspunkt mit stationären Bedingungen und bei eisfreiem Verdampfer ein. Die deutlich unterschiedlichen Randbedingungen, die sich im Realbetrieb über das Jahr einstellen (z.B. deutlich variable Außenlufttemperaturen, instationärer Betrieb und Vereisung bzw. Abtauung), finden keine Berücksichtigung.

Das Ziel in diesem Projekt besteht daher in der Ermittlung von Schalldruckpegeln von 10 real ausgeführten Außenluft-Wärmepumpen im Feld. Diese sollen unter Berücksichtigung der Aufstellorte, der Umgebungsbedingungen und den verschiedenen Betriebssituationen der Wärmepumpen – wenn möglich - über ein komplettes Jahr ermittelt werden. Hierbei besteht die Herausforderung in der Entwicklung einer Mess- und Auswertemethodik, die eine kontinuierliche und zuverlässige Filterung von Fremdgeräuschen erlaubt. Ferner muss die erforderliche Genauigkeit des Messequipments auch bei den sich im Jahresverlauf ändernden Witterungsbedingungen konstant bleiben.


Fokus 5: Analyse und Optimierung des Sanierungsprozesses mit Wärmepumpe

Während bei Neubauten die Schaffung optimaler Voraussetzungen für effizienten Wärmepumpenbetrieb bereits im Planungsprozess berücksichtigt wird, gestaltet sich der Sanierungsprozess mit Wärmepumpe wesentlich komplexer. Um auch im Gebäudebestand effizienten Wärmepumpenbetrieb zu gewährleisten, sollte eine umfassende Bestandsaufnahme und sorgfältige Planung der neuen Anlage erfolgen. Hiermit kann auch den Herausforderungen tendenziell komplexerer oder nicht optimal abgestimmter Systeme Rechnung getragen werden. Neben der Planung kommt auch den Phasen der Installation, Inbetriebnahme sowie Betrieb und Wartung eine hohe Bedeutung für das Erreichen eines effizienten Anlagenbetriebes zu.

Im Rahmen des Projektes sollen Möglichkeiten der Qualitätssicherung entlang der genannten Phasen ermittelt werden. Dies umfasst u.a.:

• Die Systematisierung und Bewertung von hydraulischen Verschaltungen

• Eine Akteurs- und Prozessanalyse zur Ermittlung bestehender Verfahren, involvierter Parteien und genutzter Tools sowie Handlungsanweisungen

• Analyse und Prüfung der Anwendung bestehender QS-Ansätze

• Aktiver Austausch zwischen Industrie, Handwerk und Forschung

Die Ergebnisse sollen in der Entwicklung von Methoden zur Qualitätssicherung unter Anwendung innovativer technologischer Ansätze münden.